Das aktuelle Urteil Nr. 88 vom 5. Februar 2020 des französischen Kassationsgerichts bestätigt die Verpflichtung zur Zahlung von Urheberrechtsabgaben auch für ausländische Anbieter. Das entspricht keineswegs einer neuen Entwicklung in dem Bereich. Doch das Urteil belegt erneut, dass die Frage der Verpflichtung im grenzüberschreitenden Warenverkehr immer wieder in den Hintergrund gerät und dass es sich um eine rechtlich komplexe Angelegenheit handelt. Andernfalls hätte wohl der in Luxemburg ansässige Anbieter von Speichermedien, der seine Produkte auch in Frankreich vertreibt, das Urteil zugunsten der französischen Verwertungsgesellschaft Copie France vor dem Kassationsgericht nicht bestritten.
Grundsätzlich besteht europaweit weitgehend Einigkeit in der Frage der Verpflichtung: Bei Verkauf abgabepflichtiger Produkte aus dem Ausland direkt an Endverbraucher, z. B. über grenzüberschreitenden Onlinehandel, müssen die Abgaben für diese Produkte im Land des Endverbrauchers abgeführt werden. Allerdings sind dort meist andere Produkte mit anderen Abgaben belegt als im Land des Anbieters. Das erschwert Online-Händlern, Plattformen und Shops den Überblick über die produktbezogenen Verpflichtungen im Einzelnen. Hinzu kommt, dass die Verpflichtung in manchen Ländern gesetzlich gar nicht ausreichend begründet ist. Wo das der Fall ist, berufen sich die zuständigen Behörden auf das Opus-Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus 2011.
Der europäische Gerichtshof stellte in dem Opus-Urteil (EuGH C 462/09) fest, dass die Mitgliedstaaten auch dann für die Zahlung von Urheberrechtsabgaben sorgen müssen, wenn abgabepflichtige Produkte aus dem Ausland bezogen werden. Das ist eine verbindliche Auslegung europäischen Rechts, die nationalen zuständigen Stellen und Gerichte müssen sich also darauf berufen.